Bewerben Sie sich noch oder arbeitest Du schon?

Unsere heutige Headline deutet bereits daraufhin, dass wir uns des Themas Anrede annehmen. Du oder Sie? Sie oder Du? Die deutsche Sprache hat uns eine wunderbare Möglichkeit gegeben, uns gewählt auszudrücken. Das lernt man schon als kleines Kind: Fremde werden gesiezt, Bekannte geduzt. Doch es gibt eine Duz-Welle – branchenübergreifend wird jetzt selbst in deutschen Dax-Konzernen geduzt. Wer weiß da noch, welche Anrede die richtige ist?

War of Talents – das ist nicht etwa die neue Casting-Show eines Privatsenders, sondern bezeichnet den Kampf von Unternehmen um geeignete Fachkräfte. In Deutschland werden vor allem Absolventen der MINT-Fächer händeringend gesucht. MINT steht für Mathematik, Ingenieurwesen, Naturwissenschaften und Technik – aus diesen Bereichen kommen nicht etwa die Fachkräfte von morgen, sondern von heute. Uni-Abgänger mit hervorragendem Abschluss haben kein Problem einen Job zu finden; vor allem in den genannten Bereichen. So entsteht in der deutschen Wirtschaft ein Konkurrenzkampf um erstklassige Bewerber. Dementsprechend richten sich Unternehmen im Personal-Marketing schon seit längerem neu aus und integrieren Social-Media in ihre Recruiting-Strategie. Dass das auch nach hinten losgehen kann, zeigt sich beispielhaft beim Thema Bewerber-Anrede.

Carsten Dierig, Wirtschaftskorrespondent der Welt, geht in seinem Artikel genau auf diese Problematik ein und berichtet, dass deutsche Konzerne die Ansprache von Bewerbern nach den eingesetzten Kanälen ausrichten. Somit herrsche auf den Plattformen wie Unternehmenswebsites und Social-Media-Kanälen keine konsequente Strategie der Ansprache: Auf der Website wird gesiezt und bei Facebook geduzt. Vor dem Hintergrund, dass sich auch die im Artikel beispielhaft genannten Unternehmen wie Lufthansa oder Daimler im War of Talents befinden, stellt Dierig zu Recht fest, dass sich diese inkonsequente Strategie rächen wird. Was auf einige Bewerber sympathisch wirken kann, wirkt auf andere unprofessionell. Was ist also richtig: duzen oder siezen? Wir brauchen Hilfe! Was sagt unsere Sprachbibel zu der Thematik? Beim Duden heißt es, dass es im beruflichen Alltag üblich ist, sich zu siezen. Auch der Duden verweist darauf, dass über das Siezen eine meist notwendige Distanz erzeugt werden kann und dass man sich weniger respektiert fühlt, wenn man im geschäftlichen Umfeld geduzt wird. Der Duden gibt sogar eine klare Handlungsempfehlung, wer in einem Unternehmen die Duz-Welle anstoßen darf: „Im Berufsleben bestimmt sich der Rang nach der betrieblichen Hierarchie, d. h., das Du wird von oben nach unten angeboten, der Chef bietet es dem Mitarbeiter an, die ältere Kollegin der jüngeren.“. Damit  bietet der Duden zwar einen Anhaltspunkt wie man sich richtig zu verhalten hat, jedoch ist es kein Leitfaden für Unternehmen, die dringend Fachkräfte suchen.

Ist Schwedisch die Lösung?

In sozialen Medien sind wir es gewohnt, geduzt zu werden. Ist es da nicht richtig, dass Unternehmen, ihre Bewerber auf Facebook duzen? Wir stimmen der Kernaussage des Artikels von Carsten Dierig zu: Personaler benötigen für ihre Recruiting-Strategie eine sprachliche Ausrichtung, die über das Duzen und Siezen hinweg, individuell und authentisch ist. Das mag den ein oder anderen Dax-Konzern vor Herausforderungen stellen, da wahre, authentische Kommunikation kein Lichtschalter ist, den man mühelos ein- und ausschalten kann. Jede Sprache ist auch Ausdruck einer Kultur und so kann die Sprache einer Firma Ausdruck der gelebten Unternehmenskultur werden. Wie wäre es mit einem Beispiel? Wohnst du noch oder lebst du schon – dass bei Ikea geduzt wird, ist kein Geheimnis. Doch hätten Sie gewusst, dass nicht nur Sie als Kunde im Einrichtungshaus, sondern auch der Landeschef von Ikea in Deutschland von seinen Mitarbeitern geduzt wird? Hier wird sich folglich ganz klar nicht an die Duden Empfehlung gehalten. Das liegt daran, dass Ikea konsequent und authentisch eine Unternehmenskultur lebt und spricht, die die schwedische Kultur und Sprache widerspiegelt. In Schweden gab es 1960 eine Sprachreform bei der die vorher traditionelle Anrede über Titel wie Herr Professor – für uns vergleichbar mit dem Siezen – abgeschafft wurde. Seitdem duzen sich die Schweden – und das über hierarchische Strukturen hinweg. Und Ikea lebt genau diese Sprachkultur im daily-business, im Verkauf und in der Ansprache ihrer Bewerber. Das ist konsequent!

Wir wünschen Ihnen und euch eine authentische Woche!
Das Team von GOOS COMMUNICATION

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