Corona: ein Fall für die Krisen­kommunikation?

Krisenkommunikation

Das Internet ist voll von Tipps und Strategien für Kommunikation in der Krise. Doch hilft klassische Krisenkommunikation Unternehmen in der aktuellen Corona-Situation? Eher nicht, finden wir und haben Tipps zusammengestellt, welche Strategien jetzt sinnvoll sein können. Das Ziel: die Handlungsfähigkeit bewahren, Kunden halten und Neukunden gewinnen – und natürlich: echte Kommunikationskrisen vermeiden.

Wer im Netz nach Informationen zur Krisenkommunikation sucht, hat reichlich Auswahl: 7-Tipps-für-die-Krise, die ultimative Krisen-Checkliste für Unternehmensgründer sind nur zwei der vielen Tausend Suchergebnisse, die derzeit sicher häufig aufgerufen werden. Dabei wird oft Regel Nr. 1 der Krisenkommunikation vergessen: Die Krise, auf die ein Unternehmen vorbereitet ist, wird meist nicht zur Kommunikationskrise. Denn anders als in unvorhergesehenen Situationen, weiß das Unternehmen dann, was zu tun ist. In der Corona-Situation ist das anders: Die klassischen Tipps zur Krisenkommunikation helfen jetzt wenig, jetzt hilft: einen kühlen Kopf bewahren, agil handeln und verschiedene Bereiche wie Vertrieb, Marketing und Kommunikation strategisch verzahnen.

Was die Welt gerade erlebt, erfüllt alle Anzeichen einer Krise. Nichts läuft mehr nach Plan, jeden Tag ändert sich die Faktenlage. Face-to-Face-Beratung ist nicht mehr möglich, Produktionsstraßen stehen still, Zulieferer können nicht mehr liefern, die Mitarbeiter arbeiten in Schichten oder gar nicht. Klassische Krisenmerkmale – aber auch Merkmale für das Ergreifen von Krisenkommunikation? Eher nicht. Kein Medium wird jetzt auf die Idee kommen, diese Entwicklungen einzelnen Unternehmen als Versagen vorzuwerfen. Es wird keine Shitstorms geben, weil das Küchenstudio um die Ecke geschlossen hat. Auch Erkrankungen im Betrieb werden in der Regel keine Negativberichterstattung nach sich ziehen. Gerade, weil die Lage sehr viele Unternehmen trifft, haben wir es mit keiner Krise im klassischen Krisenkommunikationssinne zu tun.

Erkenntnisse aus der Krisenkommunikation sind hilfreich

In der Corona-Situation geht es um mehr als Image und Reputation; es geht um die Aufrechterhaltung der Geschäftstätigkeit. Kommunikation spielt hier eine zentrale Rolle aber nicht nur. Trotzdem können die Handbücher zur Krisenkommunikation jetzt helfen. An erster Stelle steht ein Rat, den man auch jetzt beherzigen sollte: das Aufsetzen einer kompetenten Task-Force. Unternehmen, die sich bereits mit dem Thema „Kommunikation in der Krise“ befasst haben, haben in der Regel schon festgelegt, wie im Ernstfall zu handeln ist, wie die Strategie aussehen soll, wie Meldewege und Freigabeprozesse aussehen, welche Stakeholder-Gruppen es gibt und wer zu ihnen kommuniziert sind nur einige Punkte.

Dem Krisenstab kommt eine zentrale Aufgabe zu. Er muss die Situation bewerten (und auf die sich stetig verändernden Rahmenbedingungen reagieren), sich die Expertise aller Bereiche einholen und konkrete Handlungsanweisungen formulieren. Das Ziel: eine Verzahnung der unterschiedlichen Unternehmensbereiche, um das Unternehmen geschäftsfähig zu halten.

Die Mitarbeiter: interne Kommunikation und Maßnahmen

„Gesundheit hat Vorrang“ – das ist eine der Aussagen, die man dieser Tage häufig liest. Und sie ist ohne Einschränkungen richtig. Um die Mitarbeiter abzuholen, ist interne Kommunikation jetzt wichtiger denn je. Dabei ist es entscheidend – wie natürlich auch sonst im Geschäftsbetrieb –, die Sorgen und Ängste der Menschen ernst zu nehmen. Empathie ist der Schlüssel zu einer offenen und ehrlichen Kommunikation mit den Mitarbeitern. Besonders in einer Zeit, in der sich die Menschen Gedanken über ihre Gesundheit, ihre Zukunft und über das Wohlergehen ihrer Liebsten machen. Für Unternehmen bedeutet das: Suchen Sie die direkte Kommunikation, sprechen Sie mit Ihren Mitarbeitern.

Dazu kann man für die Führungskräfte Q&As für die zentralen Fragen der Belegschaft vorbereiten – neben Sicherheitsmaßnahmen zur Gesundheitserhaltung sind hier auch Antworten auf die dringlichsten betriebswirtschaftlichen Komponenten gefragt. Inhaltlich sollte einerseits klar werden, dass die Dinge, soweit wie es möglich ist, unter Kontrolle sind. Nichts beschönigen, nicht beschwichtigen, aber signalisieren, dass das Unternehmen handlungsfähig ist – das ist die Devise. Und auch beziehungsweise gerade, wenn der Worstcase eintritt: Wenn Unternehmen Teile der Belegschaft entlassen, Kurzarbeit anmelden oder sich von Geschäftsbereichen trennen müssen, sollte dies mit größter Sorgfalt kommunikativ begleitet werden.

Die Corona-Situation ändert sich täglich, daher sollten Informationen an die Mitarbeiter regelmäßig fließen. Bei der Informationsbeschaffung ist zu empfehlen, auf seriöse und authentische Berichterstattung zu achten. Zur Kommunikation an die Mitarbeiter können alle Medien genutzt werden, die zur Verfügung stehen: Intranet, Newsletter, Aushänge, morgendliche Statusmeetings. Mit umfassender Information, auch im Fall von Erkrankungen, wird der Gerüchteküche entgegengewirkt – und zu einer ruhigen Betriebsstimmung beigetragen. Die Identifikation mit dem Unternehmen ist jetzt wichtiger denn je und in der aktuellen Lage zeigt sich, welche Rolle Employer Branding spielt: Wer jetzt loyale Mitarbeiter hat, wird leichter durch die Krise kommen.

Auf der Maßnahmenebene ist jetzt alles zu tun, um die Hygienevorschriften und -empfehlungen der Regierung und Experten umzusetzen. In der Produktion kann zum Beispiel Schichtarbeit eingeführt werden. Wo es möglich ist, ist das Homeoffice der beste Arbeitsplatz. Diese Überlegungen sollten begleitet werden davon, wie der Geschäftsbetrieb trotz Einschränkungen weitergehen kann. Können eventuell zeitnahe Maßnahmen der Digitalisierung helfen? Oder gibt es andere Wege, seine Kunden zu erreichen?

Die Kunden: unterschiedliche Wege bei B2B oder B2C

Tagesaktuelle Information hieß ein Stichwort bei der Mitarbeiterinformation – und dies gilt auch bei der Information der Kundengruppen. Zu unterscheiden sind hier aber End- und Geschäftskunden. Bei den Geschäftskunden ist die Lage relativ klar. Die einfache Formel lautet: Die Geschäftspartner werden klar, deutlich und tagesaktuell über die Lage in ihrem Unternehmen informiert. Unsicherheiten oder Missverständnisse über Lieferbarkeit können so unmittelbar verhindert werden. Die Kommunikation findet direkt mit den Ansprechpartnern beim Kunden statt, der so über Lieferkapazitäten und Lagerbestände auf dem Laufenden gehalten wird. So erweisen sich Unternehmen als verlässliche Partner – auch in Krisenzeiten. Dies ist die Basis, wenn darüber hinaus Kapazitäten bestehen, können Unternehmen die Zeit auch dazu nutzen, das Neukundengeschäft zu forcieren. Wie das geht, hat, hat t3n für den B2B-Bereich zusammengefasst.

In der Endkundenkommunikation ist jetzt besondere Flexibilität und Agilität gefragt: Viele Unternehmen, zum Beispiel Küchenstudios oder Hersteller weißer Ware, erleben derzeit einen Kompletteinbruch im Neukunden- und teilweise auch im Bestandskundengeschäft. Entweder können sie keine Kunden mehr empfangen oder ihre Handelspartner sind für den Publikumsverkehr gesperrt. Wer Rücklagen hat, kann vielleicht ein paar Monate überbrücken, trotzdem sollte die Zeit jetzt nicht ungenutzt verstreichen. Wie oben bei der Digitalisierung können Maßnahmen ergriffen werden, um trotz der Regierungsmaßnahmen Neukundengeschäft zu generieren – und so nebenbei sogar noch neue Kanäle für die Nach-Corona-Zeit etabliert werden.

Zunächst müssen Marketing, Vertrieb und IT verzahnt werden. Am Anfang steht die Analyse: Welche Verkaufskanäle sind aktuell weggefallen? Sind dadurch Ressourcen für andere Maßnahmen frei? Welche Kanäle funktionieren in der gegenwärtigen Lage? Wie kann ich sie nutzen? Im nächsten Schritt wird der Marketingplan angepasst: Vorrang haben jetzt mehr denn je Maßnahmen, die zu Geschäftsabschlüssen führen. Die Kanäle, die genutzt werden können, sind dabei vielfältig: Social-Media-Angebote wie Instagram, Pinterest, Twitter oder Facebook bieten reichlich Möglichkeiten zur gezielten Kundengewinnung. Wurde zum Beispiel eine Messe abgesagt, können Anzeigen an die Follower dieser Messe ausgespielt werden – so erreicht man potenzielle Messestandbesucher direkt. Google-Ads sind ebenfalls ein geeignetes Mittel. Und natürlich sollte man spätestens jetzt die eigene Website unter die Lupe nehmen: Ist der Aufbau userfreundlich? Ist die Struktur so, dass User gut geführt werden? Sind die Inhalte so aufgebaut, dass sie gut in den Suchmaschinen ranken?

Kommunikation: Eine Krise ist keine Krise ist eine Krise ist keine ...

Proaktive Kommunikation hinsichtlich der eigenen Probleme kann in der Krise sinnvoll sein. In der Corona-Lage muss sie nicht zwingend sein, denn wie eingangs erwähnt, diese Krise ist auf kein eigenes Verschulden zurück zu führen. Das heißt aber nicht, dass die Kommunikationsabteilung Däumchen drehen darf. Im Gegenteil: Jetzt kann durch interessantes Content-Marketing Vertrauen und Kundenbindung aufgebaut werden. Im Blog können zielgruppenrelevante News zur Lage veröffentlicht werden, Tipps zu den Hilfsprogrammen zeigen, dass das Unternehmen solidarisch denkt, virtuelle Messen ersetzen den Face-to-Face-Kontakt. Egal ob B2B oder B2C – es gibt genug Anlässe mit den Kunden in Kontakt zu treten. Während den einen interessiert, welche Spiele die Kinder bei Laune halten, spricht den anderen ein Online-Seminar zum Kurzarbeitergeld an. Bei allen Inhalten ist aber eins zu beachten: Sie sollten solidarisch und ernsthaft sein. Was nicht bedeutet, dass keine unterhaltsamen Inhalte möglich wären. Sarkasmus aber hat in der Kommunikation schon in normalen Zeiten nichts zu suchen. Jetzt erst recht nicht.

Und doch nochmal Krisenkommunikation

Zuletzt noch einmal zurück zur Krisenkommunikation: Bevor es an die vertriebsunterstützende PR geht, sollte die Kommunikationsabteilung ihre Basics erledigt haben. Denn auch wenn derzeit kein Unternehmen allein aufgrund von Schwierigkeiten im Zuge der Corona-Krise im besonderen Fokus der Öffentlichkeit steht, kann dies natürlich passieren – und ist es auch: Mindestens ungeschickt hat sich zum Beispiel Adidas verhalten. Als der Sportartikelhersteller verkündete, für seine Filialen die Mietzahlungen auszusetzen, kam es zu einem ganz klassischen Krisenkommunikationsszenario. Das bleibt in den Köpfen hängen, auch wenn das Unternehmen zwischenzeitlich zurückgerudert ist. Und davor ist natürlich kein Unternehmen gefeit: Gerüchte, Fake-News oder kommunikative Fehler können einem schnell auf die Füße fallen. Es sollten also auf Situation und Unternehmen zugeschnittene reaktive Sprachregelungen vorbereitet werden. Welche Schutzmaßnahmen wurden für die Belegschaft ergriffen? Was passiert, wenn Mitarbeiter positiv getestet werden? Wie sehen die wirtschaftlichen Konsequenzen für das Unternehmen aus? Wird weitergearbeitet oder ist Kurzarbeit geplant? Welche Folgen könnte eine bestimmte Handlung (wie im Falle Adidas) derzeit haben? Solche Fragen sollten vorbereitet sein und darüber hinaus sollten die verschiedenen Medienkanäle im Blick behalten werden – damit im Zweifelsfall schnell reagiert werden kann. Hier also kommen sie doch noch zum Einsatz, die „7 Tipps zur Krise“ und die anderen derzeit 393.000 Google-Treffer zum Begriff „Krisenkommunikation“.

P.S.: Ach, und noch etwas: Wenn ein Unternehmen Positives zu berichten hat, dann sollte es das auch tun. Gerade jetzt, wo eine Hiobsbotschaft die nächste jagt, wird jeder kleine Erfolg sicherlich gerne aufgenommen.

Sollten Sie Beratung oder operative Unterstützung benötigen, damit Sie kommunikativ bestmöglich durch diese außergewöhnliche Zeit kommen, stehen wir Ihnen gern zur Verfügung. Senden Sie dafür einfach eine kurze Nachricht an mail@goos-communication.com oder rufen Sie uns an unter +49 (40) 284 17 87-0.

Zurück