Zweigleisig fahren im Einzelhandel: Hilft die Lockdown-Lehre jetzt noch?

Auch wenn die meisten Menschen sich mittlerweile ans Lockdown-Leben gewöhnt haben – erholsam ist die Ruhe kaum mehr. Zumal mit jedem Tag, den der Lockdown andauert, die Bedrohung von Existenzen steigt. Dabei muss nicht nur der einzelne Bürger oder Unternehmer bangen: Wenn Geschäfte geschlossen bleiben und Aufträge fehlen, können mitunter ganze Industriezweige in Gefahr geraten. Und das Blatt kann sich manchmal schnell wenden: Der Möbelbranche, die noch vor kurzer Zeit von der Pandemie profitierte, geht mit jeder weiteren Woche des Lockdowns ein Teil des langen Atems aus. Wie lange kann das noch gut gehen?

Im Lockdown in das neue Jahr zu starten, hatte einen komischen Beigeschmack, der den Januar über nicht vergehen wollte. Selbst bei den Menschen, die weiterhin ihren Job – wenn auch im Homeoffice – ausüben können und die bisher weitgehend unbeschadet die Pandemie überstanden haben, liegen langsam die Nerven blank. Dasselbe gilt für Wirtschaftszweige, die im vergangenen Jahr eher zu den „Krisengewinnern“ zählen konnten, die jetzt jedoch zu kämpfen haben, wie beispielsweise die Möbelindustrie.

In einem offenen Brief an die Kanzlerin forderte Elmar Duffner, Präsident des Verbands der Deutschen Möbelindustrie (VDM), die Öffnung des Einzelhandels ab spätestens 1. März – natürlich unterstützt durch entsprechende Sicherheitsmaßnahmen. Nach einem drastischen Auftragsrückgang sei nun „der industrielle Kern der Branche bedroht“ und eine möglichst zeitnahe Öffnung daher dringend notwendig. Vermehrte Kurzarbeit in der Branche ist eine Maßnahme, um folgenreichere Konsequenzen noch etwas hinauszuzögen – die Frage ist nur, wie lange die Unternehmen noch durchhalten müssen. Die aktuelle Entwicklung der Zahlen, bedingt auch durch die neuen Virus-Mutationen, lässt keine Hoffnung auf eine baldige Entspannung zu. In geschlossenen Möbelgeschäften können keine neuen Aufträge zustande kommen, den Herstellern brechen wichtige Kunden weg und die Liquidität nimmt rapide ab.

Online-Möbel: weiterhin unbesorgt

In starkem Kontrast zur Situation in den geschlossenen Geschäften zeigt sich die Situation der Online-Möbelhändler moebel.de und Home24. Beide konnten 2020 mit erheblichen Gewinnen abschließen und setzten die positive Entwicklung auch im Januar fort. Die Online-Strategie macht sich bezahlt – und moebel.de profitiert vor allem von den personalisierten, auf den User abgestimmten Inhalten. Wer denkt, dass online eher Dekogegenstände und kleinere Möbel gekauft werden, der irrt: Bei ihnen seien vor allem Großmöbel wie Tische, Sofas und Betten gefragt, sagte der Home24-CEO gegenüber der Frankfurter Rundschau.

Das zuvor vielfach getätigte Argument gegen den Online-Kauf von Möbeln – die fehlende Möglichkeit „Touch and Feel“ der Produkte zu erleben – greift also nur bedingt. Wenn das Bedürfnis nach einer neuen Einrichtung, verstärkt durch das in der Corona-Pandemie neu belebte Cocooning, zu groß wird, dann scheinen diese Faktoren weniger relevant. Das Rückgaberecht bei Online-Käufen ist logistisch zwar ein erheblicher Aufwand und dazu ein nicht gerade nachhaltiger – es vermindert jedoch das Risiko eines Fehlkaufs und erleichtert so den Kauf auch größerer Konsumgüter, die man zuvor lieber im Laden getätigt hat.

Darüber hinaus wurden Click&Collect, Online-Beratungen per Videochat und virtuelle Ladenrundgänge in den letzten Wochen und Monaten zunehmend eingesetzt, um Ausfälle zu kompensieren – mal mehr und mal weniger erfolgreich. Es geht also. Einzelhändler, die auf Digitalisierung gesetzt haben, kommen mit der Situation erheblich besser klar, als diejenigen, die einfach abwarten, bis alles vorüber ist. Dass die Digitalisierung voranschreitet und die Konkurrenz nicht mehr nur der Laden um die Ecke, sondern auch die Online-Plattform ist, ist nun freilich kein Pandemie-Problem. Insofern sorgt letztere immerhin für eine Lehre: Zweigleisig zu fahren ist für den stationären Einzelhandel in Zukunft nicht mehr nur eine Option, sondern eine Notwendigkeit.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen weiterhin Zuversicht für die kommenden Wochen – tanken Sie zumindest genügend Sonne, denn die ist immerhin noch offen für alle.

Ihr Team von GOOS COMMUNICATION

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